Dinge, die es nicht überall gibt


Kevelaerer Blatt (28.01.2021)

 

 

Dinge, die es nicht überall gibt

Der „Schauplatz“ auf der Busmannstraße feiert im Februar seinen zehnten Geburtstag.

KEVELAER. Es war der 4. Februar 2011, als Anja Hummler mit Unterstützung Ihres Ehemanns Andreas Gertzen den „Schauplatz“ in den Räumen an der Annastraße 21 eröffneten. Damals hielten die gebürtige Ratingerin, die gelernte Fotolaborantin und mehrfache deutsche Meisterin im Frauen-Eishockey und der aus Sterkrade stammende gelernte Kfz-Mechaniker, der zudem  Sozialpädagoge und „Seggs“-Bassist ist, nach einem Ladenlokal Ausschau, das fünfzehn Minuten von ihrem Wohnsitz in Walbeck entfernt war. „Ich fand den Laden an der Annastraße ganz süß“, befand Hummler, und so fiel die Entscheidung für Kevelaer einfach aus dem Bauch heraus.

Am Anfang war die Tasche

Das Paar hatte sich Jahre zuvor bei der Arbeit bei der Arbeit bei einem Projektentwickler in Ratingen kennen- und liebengelernt, sich dann im Projektmanagement selbstständig gemacht. Unter dem Label „BumbleBeeBags“ hatte Anja Hummler angefangen, aus alten Schweizer Armee-Wolldecken Taschen zu gestalten und damit auf Kreativmärkte zu gehen. „Das war der Einstieg in die „Droge““, sagt sie heute mit einem Schmunzeln.

Daraus entstand die ungewöhnliche Idee, einen Laden aufzuziehen, in dem Hummler ihre eigenen Produkte verkauft – und auch die anderer Kreativer und im Kunsthandwerk Tätiger. „Wir haben 2011 als Fachvermietung angefangen, als eines der ersten Geschäfte in Deutschland, und haben Regalfläche vermietet“, sagt die 52-jährige. „Von der Idee bis zur Eröffnung haben wir das in drei Monaten aus dem Boden gestampft.“ In den diversen Regalen fand sich ein breit aufgestelltes Sortiment, dass vor allem kein Angebot „von der Stange“ sein sollte, sondern etwas Besonderes. Schmuck in jeglicher Form, Selbstgestricktes, aber auch Werke einer Weezer Künstlerin , Holzskulpturen aus Kevelaer und modische Accessoires aus München waren dort zu finden.

„Wir haben da eine Nische bedient und wir konnten so kontinuierlich unseren Kundenkreis vergrößern“; freut sich Hummler, von der ihr Partner Andreas Gertzen sagt, dass sie „für jedes Problem einen Lösungsansatz parat hat und sehr hartnäckig ist“. Dafür könne er sich gut „in komplexe Themen reinfuchsen, gut mit Zahlen umgehen“ und bei einer Idee „immer den wunden Punkt finden“, sagt sie. So ergänzten sie sich als Team. Vor dreieinhalb Jahren erfolgte dann der Umzug in Egon Kammanns ehemalige Bäckerei an der Busmannstraße. „Dadurch hat der Laden nochmal an Qualität gewonnen“, sagt Hummler. Das Konzept, mit dem sie auf der Annastraße gestartet sind, stellten sie vorher schon ein. „Wir arbeiten jetzt mit kleinen Labels zusammen, die uns beliefern.“ Wichtiges Kriterium dabei ist aber nach wie vor, „dass es Produkte sind, die es so nicht überall gibt“.

Das reicht von der Damen- und Kindermode aus eigener Herstellung – mit dem Label „wunderdinge“ als „Schauplatz“-Hausmarke – über ausgesuchte Wohnaccessoires aus Skandinavien oder warmen Filzpantoffeln aus Dänemark bis zum ausgefallenen Schmuckstück. „Die Jagd nach Neuem, das macht einfach Spaß“, unterstreicht Anja Hummler. Gemeinsam versuchen sie, sich von Corona nicht ins Bockshorn jagen zu lassen. „Wir arbeiten viel im Lockdown“, sagt Hummler. Seit ein paar Jahren läuft der Online-Shop. „Das geht jetzt intensiver mit Abholen“, sagt sie. Die Kund*innen hätten den Laden mit ihren Bestellungen „auf dem Schirm“.

Und im letzten Jahr hätten überraschend viele „Tagesausflügler“ ihren Laden aufgesucht. „Viele sagten, sie wären zum ersten Mal in Kevelaer.“ Auf eine Wiederkehr hoffen Hummler und Gertzen, wenn der Lockdown vorbei ist. Sie produziere noch viel, habe auch wieder neue Produktfotos für das Netz fertiggestellt, erzählt die Geschäftsfrau. „Dafür ist jetzt mal Zeit.“

Für die Busmannstraße

Beide engagieren sich außerdem offensiv für die Händlergemeinschaft in der Busmannstraße, die „als Gemeinschaft 2020 sehr lebendig war“, wie sie übereinstimmend sagen. 2018 riefen sie die „Spätschicht“ ins Leben, die mit Livemusik und Foodtrucks zum Überraschungserfolg avancierte. Zwei Jahre später organisierten sie wegen Corona alternativ die „Late Night Shopping“-Abende in der Straße – und auch das funktionierte. „Es war nie übervoll, es herrschte eine schöne Atmosphäre, es wurde gut angenommen“, sagt Gertzen.

Wie lange sie mit ihren beiden Hunden hinter der Ecktheke ihren 80 Quadratmeter großen Laden noch weiterführen wollen, darüber zerbrechen sie sich nicht den Kopf „Ich habe nie weit in die Zukunft geplant, bin ein beweglicher Mensch“, sagt Hummler. „Ich hoffe noch auf den Lottogewinn und ein Haus in Kanada.“ Bis es soweit ist, „konzentrieren wir uns auf das, was geht“, sagt Gertzen.

Alexander Florié-Albrecht